Werbung und Anleitung: Wie unsere Geräte die Welt erblickten

… oder anders herum: Wie erblickte die Welt unsere Geräte?

Die Werbungen, mit denen ‚unsere‘ Geräte auf den Markt und unter die Leute gebracht wurden (oder werden sollten), sagen uns etwas über den kulturellen Kontext, über den Zeitgeist, in dem diese Werbung produziert wurde. Werbung versucht, auf Bedürfnisse hinzuweisen, die mit *diesem Produkt* befriedigt werden können – selbstredend unabhängig davon, ob diese Bedürfnisse a priori überhaupt existierten. Bei den Schreib-Maschinen, womit ich nicht nur Schreibmaschinen meine, ist dieser Kontext natürlich stark mit Schreib-, Arbeits-, Büro- und Produktivitätskultur verknüpft. Können wir also anhand der Art, wie für eine Maschine geworben wurde, oder anhand der Anleitung, die für ihre Verwendung als notwendig erachtet wurde, etwas über «das Schreiben» oder gar «die Schreibenden» einer Zeit erfahren? Mit T. Heilmann: Wofür hält mich meine Maschine? 

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Schreibmaschine Hammond (1906-1909)

Die in den USA hergestellte Hammond erhielt ihren Namen von ihrem Erfinder James Barlett Hammond, wie dieser Blogeintrag erzählt (dieser ist auch Quelle des untenstehenden Bildes). Die Hammond ist die erste Schreibmaschine «mit Sichtbarschreibung» (Quelle: Deutsches Technikmuseum).

Instead of using type-bars, a curved split type-shuttle (below) with hardened rubber characters rotates into position as the keys are pushed. Then, a spring-loaded hammer swings from behind the carriage to the reverse side of the paper, striking the paper and ribbon against the type-shuttle to print. The consistent force of the hammer gives an even impression to each character typed, regardless of how soft or hard the keys are pushed.

Aus: Collectors Weekly: Beautiful Machine: 1881 Hammond Typewriter.

Printanzeigen für die Hammond heben ihre Nützlichkeit für ganz unterschiedliche Nutzenden-Gruppen hervor; die Vermarktung dahingehend, dass das Gerät «auch für dich!» nützlich und wertvoll ist, wurde also keineswegs erst mit dem apple ii realisiert (wie wir gesehen haben in unserer Sitzung dazu). Wenn ein solches Narrativ in der Werbung hervorgehoben wird, ist davon auszugehen, dass weder der Besitz noch die Nutzung eines derartigen Geräts eine Selbstverständlichkeit – oder eben ein verbreitetes Bedürfnis – war.

Every clergyman, business or professional man or woman, teacher, student, journalist and mercantile employee ought to havea Hammond next Christmas.

Schreibmaschine Hermes 3000 (1958)

Die Hermes 3000 wurde von der Schweizer Firma Paillard entwickelt und Ende der Fünfzigerjahre auf den Markt gebracht. Die (Print-)Werbung spielte mit der ‚Schweizer Genauigkeit‘.

Leave it to the Swiss to take the guesswork out of setting a margin!

C’est un produit de l’industrie suisse de précision.

Elektrische Schreibmaschine Brother 650

Das untenstehende Bild ist ein Ausschnitt aus einer Zeitungsseite im Jahr 1986. Die volle Seite ist im Bild verlinkt. Verkaufsargumente sind der «bescheidene» Preis von knapp Eintausend Dollar und die Kompaktheit des Geräts, die der «elephant-sized memory» aber nicht im Weg steht. 
Untenstehende Printanzeige, ebenfalls aus dem Jahr 1986, wirbt mit dem Platz, der gespart werden kann. Der Blogeintrag/Artikel, von dem das Bild stammt, ist ebenfalls eine Lektüre wert.

Andere ähnliche Brother-Geräte wurden damit beworben, dass sie eben nicht nur Schreibmaschinen sind. Entsprechend ist die Person, die an dem Gerät sitzt, selber eben auch nicht (nur!) «Writer», sondern auch «Printer» oder «Plotter». Bezugnehmend auf das Gespräch mit T. Heilmann: «Author» ist allerdings nicht auf der Liste. Twitter-User Paul Rickards, aus dessen Thread diese Anzeigen stammen, zeigt hier ein Video von dem Plotter in Aktion.

 

Anleitung einer Brother

In der Anleitung zur Brother (hier ein paar Seiten zur Einsicht) werden einleitend ihre «komfortable» und «einfach anzuwendenden Funktionen» angepriesen. Folgende Illustration empfängt die Lesenden:

[Ein Nebengedanke: Illustrationen sind auch heute noch Teil unserer Anleitungen, so zum Beispiel, wenn etwas zusammengebaut werden muss. Diese Illustrationen sind allerdings Verstehenshilfen, Visualisierungen des Texts, und dienen nicht der Unterhaltung, wie man der obigen Illustration vorwerfen könnte. Was sagt dieser Wandel, wenn man ihn denn tatsächlich annehmen darf, über unser Umgang und unsere Erwartung an eine Anleitung an? Ist die Illustration im obigen Beispiel als weitere Werbung zu betrachten, obwohl die Person, die sie in den Händen hält, die Maschine schon besitzt? Im Vergleich unten die uns allbekannten Ikea-Figürli (aus: Instruction manuals tell us more than how to use a product).

Wang Word Processor (1976)

Die Firma «Wang Laboratories/Wang Global» – gegründet von An Wang in den 1950er Jahren – fokussierte sich zunächst auf Rechenmaschinen (‚Rechner‘, eben). Erste Errungenschaften beinhalten den Wang LOCI-2, ein Tischrechner, der Logarithmen berechnen kann. So beginnt der Weg zum Schreiben also auch in der Geschichte dieser Firma beim Rechnen.

Zu Beginn der 1970er Jahre beginnt Wang Laboratories,  erste «Word Processors» zu entwickeln. Diese Maschinen waren immer noch Rechner – aber nun eben auch Schreiber.

Die clever betitelte Broschüre («Wang got you into word processing… Here’s how we can get you out!»,  hier zum Durchblättern) hebt wiederholt hervor, wie es der Wang Word Processor ermöglicht, sowohl die wertvolle eigene, als auch die Zeit von Angestellten produktiver zu nutzen.

No longer is staff time wasted waiting at traditional copy machines. […] The IMAGE PRINTER does it all.

Der Wang Word Processor war ein höchst erfolgreiches Produkt. Offenbar bestand eine Lücke, die er zu füllen vermochte.

Osborne 1 – der erste Laptop

Der Osborne 1 – auch er trägt den Namen seines Erfinders, Adam Osborne – stand ab 1981 zum Verkauf. Mit seinen 11 Kilogramm erscheint er aus der heutige Perspektive schwer und unhandlich; vor vierzig Jahren war er aber eine tragbare Sensation. In anderen Worten: Mit dem Osborne 1 wurde der nächste – gemäss seiner Werbung gar «unvermeidbare» – Schritt sowohl metaphorisch als auch tatsächlich getan. Das stärkste Verkaufsargument dieses Geräts erklärt sich von selbst.

Federleicht liegt der Osborne 1 in der Hand dieses glücklichen Geschäftsmannes. Und auch wenn das Bild der Realität wohl nicht ganz entsprochen haben mag – gegenüber den bis dahin genutzten und bekannten unbeweglichen PCs war diese Neuerscheinung allemal ein Leichtgewicht.

Es überrascht nicht, dass der Osborne zum «overnight sucess» wurde (hier Informationen zur Geschichte und Hardware). Wie persönlich ist ein Personal Computer denn wirklich, wenn er an einen Ort gebunden ist? Der PC soll sein wie die User; beweglich, frei, flexibel. So gefällt uns die Antwort auf die Frage «Wofür hält mich meine Maschine?» plötzlich besser.

 

 

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[Noch offen] Von unserer Geräteliste: